the edit.
zeitlos und neu in fashion
Designer Interview

Designer Spotlight: Sara Schaer

aktualisiert am 3.10.2025
Designer Spotlight: Sara Schaer
Lokale Produktion, Deadstock-Materialien und ein Herz für Nachwuchstalente – die Zürcher Designerin über ihren Weg, ihre Werte und die Bedeutung von Mut in der Schweizer Mode.

Seit zehn Jahren führt Sara Schaer ihr eigenes Label und geht dabei ihren ganz eigenen Weg. Ihre Taschenkollektionen entstehen in der Schweiz, aus bestehenden Materialien, mit viel Liebe zum Detail. Im Interview mit the edit. spricht sie über ihre ersten Nähprojekte mit der Grossmutter, den Mut zur Selbstständigkeit, ihre Arbeit an der Schweizerischen Textilfachschule (STF) und warum nachhaltige Produktion für sie keine Option, sondern Pflicht ist.

Sara, was hat dich ursprünglich dazu gebracht, deinen eigenen Brand zu kreieren?

Lustigerweise begleitet mich das eigentlich schon seit meiner Kindheit. Mit meiner Grossmutter habe ich für meine Barbies Kleider genäht, und wenn ich in den Ferien bei ihr war, sind wir zusammen in den Stoff-Outlet gefahren und haben Material gekauft. Später, als Teenager, habe ich angefangen, für meine Klassenkamerad*innen Rucksäcke zu personalisieren – mit Illustrationen von Band-Logos, die ich nachgezeichnet habe.

Ich bin Jahrgang 1989, also in den 90ern und frühen 2000ern aufgewachsen. Damals waren Stulpen total in, und ich habe meiner Grossmutter Aufträge erteilt – in welchen Farbkombis, mit welchem Garn – sie diese anfertigen sollte und so habe ich meine erste kleine Kollektion entworfen. Meine Grossmutter hat das dann wie in einer kleinen Heimproduktion umgesetzt, und die Teile gingen sogar in der Schule weg wie warme Weggli.

Ich habe früh entdeckt, dass ich ein gutes Gespür für Trends habe.

Da habe ich gemerkt: Das macht mir richtig Freude. Ich habe früh entdeckt, dass ich ein gutes Gespür für Trends und dafür habe, was Leute spannend finden. Trotzdem habe ich den Gedanken an Mode zunächst verworfen – meine Eltern sind überhaupt nicht kunst- oder modeaffin und haben mir geraten, den «sicheren» Weg einzuschlagen. Also habe ich zuerst eine Lehre als Kauffrau absolviert. Da habe ich aber schnell gemerkt: Das ist nichts für mich. Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere berufliche Tätigkeit uns erfüllen sollte, wenn dies unsere Situation zulässt.

Nach der Lehre habe ich an einem Infoabend der STF teilgenommen – und da wusste ich: That’s it. Parallel zur Ausbildung habe ich in der Branche gearbeitet, erst als Junior Buyer/Designerin, danach konnte ich schnell aufsteigen und sogar ein Label übernehmen. Dort habe ich gelernt, dass Mode nicht nur meinem persönlichen Geschmack folgen kann, sondern immer auch eine Zielgruppe im Fokus hat. Trotzdem wusste ich: Eines Tages will ich mein eigenes Ding machen.

Wie lange ist das her, dass du dein eigenes Label gegründet hast?

Das sind jetzt zehn Jahre – 2014 habe ich gestartet. Mein Label hat sich seither stark gewandelt. Die letzten Jahre habe ich mich auf Taschen spezialisiert.

Designer Spotlight: Sara Schaer

Wie bist du zu den Taschen gekommen?

Ich habe lange für Schweizer Unternehmen gearbeitet, die sehr kommerziell ausgerichtet waren. Dort war die Denkweise oft: Der Schweizer Kunde ist nicht besonders modeaffin, Trends kommen erst Jahre später an. Ich habe mir gedacht: Nein, es muss doch auch Menschen geben wie mich, die Neues wollen und Independent Labels entdecken möchten.

Also habe ich zusammen mit einer Freundin einen Online-Concept Store gegründet, mit kleinen europäischen Labels aus Städten wie Paris, London oder Kopenhagen – Marken, die damals noch unbekannt waren und heute gross sind. Dazu kamen Pop-up-Events und später eine eigene Kollektion.

Die ersten Linien haben wir in Bulgarien produzieren lassen, über einen Kontakt aus der Schweiz. Später, auch durch meine Erfahrung mit Fernost-Produktionen, war für mich klar: Ich will lokal produzieren. Möglichst nah, mit kontrollierbaren Bedingungen und persönlichem Kontakt.

Heute werden meine Taschen komplett in der Schweiz gefertigt – im Lehratelier in Aarau, wo Bekleidungsgestalter*innen in Ausbildung arbeiten. Ich verwende ausschliesslich Deadstock-Materialien – Stoffe aus alten Kollektionen oder Restposten von anderen Labels.

Ich will lokal produzieren. Möglichst nah, mit kontrollierbaren Bedingungen und persönlichem Kontakt.

Das passt ja gut zu deiner Tätigkeit an der STF. Was reizt dich daran, dein Wissen weiterzugeben?

Ich finde es spannend, die Wege junger Designer*innen mitzuerleben. Meine eigene Zeit an der STF war prägend. Es ist wichtig, dass Kritik konstruktiv ist und weiterbringt. Der Schweizer Modemarkt hätte viel mehr Potenzial, wenn wir mutiger wären. Viele scheitern schon, bevor sie starten, aus Angst oder einem sehr hohen Sicherheitsbedürfnis.

Welche Fähigkeiten sind für Jungdesigner*innen besonders wichtig?

Ganz klar: Durchhaltewillen. Die Bereitschaft, die Extrameile zu gehen. Rückschläge wird es immer geben, aber wer sein Ziel im Blick behält und dranbleibt, hat die besten Chancen.

Was war die Inspiration für deine Taschen?

Viele Designs trage ich jahrelang im Kopf mit mir herum, bis der richtige Moment kommt. Ich arbeite nicht nach klassischem Moodboard-Ansatz wie im Studium. Inspiration reift bei mir über Zeit, bis sie umgesetzt werden will.

Designer Spotlight: Sara Schaer

Wo kann man deine Taschen kaufen?

Im Onlineshop, in meinem Showroom, im Cabinet Store (Viaduktbögen Zürich), im The Stylist Concept Store in Zug und aktuell im Commun Commun Pop-up Store in Biel.

Woran arbeitest du gerade?

An einem neuen Style – einer Mini Bag in Grossformat. Das Ziel ist, sie im Frühling-Sommer 2026 zu lancieren.

Wie würdest du die DNA deiner Marke beschreiben?

Mindful – durchdacht und mit viel Herz designt. Lokal – in der Produktion und im Netzwerk. Und ästhetisch – das ist für mich als Designerin die Grundvoraussetzung.

Gab es einen Moment, der dich kreativ besonders geprägt hat?

Ja – meine Jahre im kommerziellen Bereich haben meine Sensibilität für Handwerk und Wertigkeit geschärft, weil ich dort oft das Gegenteil erlebt habe.

Wie beginnst du eine neue Kollektion?

Der Prozess startet oft in der Nacht – ich kann dann nicht schlafen, weil die Ideen so präsent sind. Dann stehe ich auf, skizziere oder mache eine Collage.

Designer Spotlight: Sara Schaer

Was wünschst du dir für die Schweizer Modebranche?

Mehr Mut – bei grossen wie kleinen Playern – und mehr Wertschätzung für die Branche. Wir haben in der Schweiz eine lange textile Geschichte, viel Know-how und Potenzial. Es wäre schön, diese Wertschöpfungskette wieder zu beleben.

Hast du Pläne für die nächsten Jahre?

Ja, viele. Ich möchte die Taschenlinie erweitern, neue Styles und auch Ready-to-Wear-Teile umsetzen, die im Stil zu den Taschen passen.

Ein Traumprojekt?

Eine Kollaboration mit Jakob Schläpfer, bei der wir gemeinsam spezielle Stoffe entwickeln.

Gab es grosse Herausforderungen auf deinem Weg?

Am Anfang wusste ich nicht, woher ich Material bekomme, wer für mich produzieren kann, welche Messen oder Verkaufspunkte die richtigen sind. Vieles musste ich mir selbst zusammensuchen. Heute versuche ich, Studierenden so viel Wissen wie möglich mitzugeben. Man muss bereit sein, zu fragen und sich zu vernetzen – Zusammenarbeit bringt uns alle weiter.

Hier findest du Sara Schaers Designs: Webseite | Instagram

nichts mehr verpassen!

melde dich für den newsletter von the edit an und bleibe auf dem laufenden